HARUKI MURAKAMI

HARUKI MURAKAMI habe ich im Urlaub auf COSTA MAGICA in der Schiffsbibliothek entdeckt. Für meine Sonnendeckstunden wollte ich was zum Lesen. Die bewährte Methode -  die zerfleddertesten Bände sind auch für mich interessant - hat sich bestätigt: das Büchlein von einem japanischen Autor mit dem Titel GEFÄHRLICHE GELIEBTE hat mich neugierig gemacht. Ich fand hier meine Gefühlswelt wieder, Einblicke in die Zusammenhänge, die mir bis dahin nicht bewusst und bekannt waren. Zuhause dann erforschte ich meine beiden Büchereien und fand einen weiteren Roman -  KAFKA AM STRAND. Ein ziemlich dicker Wälzer(über 600 Seiten). Ich habe ihn lange und nachdenklich gelesen, mir Zeit zum Reflektieren und Verstehen genommen. Und auch hier finde ich Bestätigung für meine Denk- und Lebensweise:

 

"DAS SPEZIFISCHE GEWICHT DER ZEIT LASTET AUF DIR WIE EIN ALTER, AMBIVALENTER TRAUM. UNABLÄSSIG BIST DU IN BEWEGUNG, UM DER ZEIT ZU ENTRINNEN. DOCH AUCH WENN DU BIS AN DEN RAND DER WELT LÄUFST, WIRST DU IHR NICHT ENTRINNEN. UND DENNOCH KANNST DU NICHT ANDERS, ALS BIS AN DEN RAND DER WELT ZU GEHEN."

 

 

 

Das steht auf der letzten Seite des Romans KAFKA AM Strand. Ich habe sehr viele Zitaten aus dem Buch ausgeschrieben, weil ich mich daran später erinnern möchte, nochmal das alles in mich aufnehmen. Ein Gedanke reift in mir, dass hier die asiatische Philisophie mit der westlichen kreuzt, bleibt aber mehr zugänglicher als die christliche Lehre, weil sie die Gefühle und auch das Mystische in den Menschen einbezieht und erklärt.

 

"Für alles (...) braucht man eine bestimmte Vorgehensweise. (...) Man darf nicht zu weit in die Ferne schauen, sonst läuft man der Gefahr zu stolpern und zu stürzen." -

/Hochmut kommt vor dem Fall  Sprichwort; stammt aus der Bibel (Sprüche 16,18): "Wer zu Grunde gehen soll, der wird zuvor stolz"/

 

Aber nur direkt vor seine Füße zu schauen sollte man auch nicht. Denn mei mangelndem Weitblick kann es geschehen, dass man irgendwo dagegenrennt.(...) DAS  Beste, eins nach dem anderen zu erledigen und dabei gleichzeitig ein wenig nach vorn zu schauen. Das ist das Entscheidende. In jeder Situation." (S.201) Vrgl: POLITIK DER RUHIGEN HAND von Schröder; oder: IN DER RUHE LIEGT DIE KRAFT, EILE MIT WEILE.

 

"Es gibt Punkte, an denen wir unser Leben nicht mehr zurückdrehen können. Und es gibt, wenn auch selten, Punkte, an denen man nicht mehr weiter kann. Ist ein solcher Punkt erreicht, bleibt einem nichts anderes übrig, als alles - ob gut oder schlecht - schweigend hinzunehmen und auf diese Weise zu leben." (S. 226)  Vgl.:Gleichmut

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Reinhold Niebuhr, amerikanischer Theologe, Philosoph und Politikwissenschaftler (1892 - 1971)

 

"Fantasielose Enge, Intoleranz, Dogmatische Thesen, hohle Begriffe eigenmächtige Ideale, rigide Systeme. Für mich sind das sehr beängstigende Dinge, die ich vom ganzen Herzen fürchte und verabscheue. (...) Engstirnigkeit und Intoleranz sind wie Parasiten. Sie wechseln immer wieder ihren Wirt und ändern ihre Form. Es gibt keine Rettung vor ihnen..." (S. 253)

 

Der ewige Kampf gegen das Böse, oder die philosophische These, Geschichte vollzieht sich als Spirale? In meinem letzten Schuljahr, kurz vor dem Abi, gab uns unsere Geschichtslehrerin mit auf den Weg diese Lebensweisheiten: das Alte kämpft gegen das Neue; Spiralähnliche Entwicklungen im Leben. Wer das veinnerlicht, wird vor den Enttäuschungen in seinem Leben geschützt. Das hat mir oft geholfen, die Wiedrigkeiten des Alltags wegzustecken und nicht zu verzweifeln, über die Ideologien hinwegzusehen und nur einen einzigen Glauben auszuüben: den Humanismus im Sinne von Michelangelo und von anderen grossen Denker der Renaissance wie  Dante Alighieri (1265-1321); Francesco Petrarca (1304-1374) ; Giovanni Boccaccio (1313-1375); William Shakespeare (1564-1616)

 

"Nicht durch seine Fehler, sondern durch seine Qualitäten wird der Mensch in die große Tragödie hineingezogen. (...) Nicht die Dummheit und Faulheit von Ödipus /KÖNIG ÖDIPUS v. SOPHOKLES/ lösen die Tragödie aus, sondern eben gerade seine Ehrlichkeit und sein Heldenmut. Daraus entsteht unweigerlich Ironie" (S. 275)

 

Ich dachte immer, die Fehler seien die Fortsetzungen unserer Tugenden. Verkannt habe ich dabei, dass nicht die Fehler lösen unsere Tragödien...

 

"Manchmal gibt es eben keine Rettung, aber dennoch verleiht die Ironie seines Schicksals einem Menschen Tiefe und lässt ihn wachsen. Auf diese Weise erlangt er Zugang zu einer tieferen Dimension von Rettung, und damit zu einer universellen Hoffnung." (S. 275)

 

"Alle Gegenstände sind Wandlungen unterworfen. Die Erde, die Zeit, das Leben, die Überzeugungen, die Gerechtigkeit, auch das Schlechte, alles fließt und ist vergänglich. Es gibt nichts, das für die Ewigkeit an einem Ort und in einer Gestalt verharrt. Das ganze Universum ist im Grunde genommen ein gigantischer Paketsevice" (S. 391)

 

"Erinnerungen sind das, was Ihren Körper von innen wärmt. Zugleich können Erinnerungen Sie innerlich auch in Stücke reißen". (S. 530)

 

"Das Wichtigste und Schwerwiegendste für den Menschen ist die Art seines Todes. (...) War die Art , wie man starb, nicht sogar wichtiger als die Art, wie man lebte? Vielleicht bestimmte die Lebensweise eines Menschen die Art seines Todes." (S. 556)

 

"Wir alle verlieren ständig Dinge, die uns wichtig sind. Wichtige Gelegenheiten und Möglichkeiten, oder unwiederbringliche Gefühle. Das macht das Leben aus. Aber in unserem Kopf - oder vielleicht sogar der Kopf selbst - ist ein kleines Zimmer, in dem diese Dinge als Erinnerungen aufbewahrt bleiben. Ein Zimmer wie eine Bibliothek. Und um über unseren genauen geistigen Zustand auf dem Laufenden zu  sein, müssen wir die Karteikarten in diesem Zimmer ständig ergänzen. Wir müssen es reinigen, lüften und das Blumenwasser wechseln. ... Man lebt auf Ewigkeit in seiner eigenen Bibliothek." (S. 632)

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Kommentare: 3
  • #1

    dornuschka (Freitag, 06 November 2009 09:41)

    Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand.


    Erasmus von Rotterdam

  • #2

    XYZ (Donnerstag, 12 November 2009 21:04)

    Hast du ein Gärtchen und eine Bibliothek, so wird dir nichts fehlen.


    Marcus Tullius Cicero

  • #3

    jk (Samstag, 05 Dezember 2009 16:38)

    Das Gefühl, ihre Hand zu halten, hat mich nie wieder verlassen. (...) diese fünf Finger, diese Handfläche waren wie eine Vitrine, die absolut alles enthielt, was ich wissen wollte - und was ich wissen musste. Indem sie meine Hand nahm, zeigte sie mir, was dieses "alles" war.

    GEFÄHRLICHE GELIEBTE